Was tönt denn da? Ich reibe die Augen. Alle Musikkameraden im Zimmer sind schon wach, das Badetuch unter den Arm geklemmt und bereit in die Dusche zu hüpfen. Man glaubt es kaum. Um 06.45 Uhr steht man in diesem Lager schon an der Dusche an. Und das unter Musikanten. Diese müssen eindeutig noch reifen, denn bekanntlicherweise ist frühes Aufstehen nicht die Stärke eines Musikanten. Frisch geduscht sitzt dann um 08.00 Uhr die ganze Meute beim Morgenessen. Alle müssen sich stärken für den bevorstehenden, harten Probetag.
Als Erstes wird zum morgendlichen Gesang aufgeboten. Alle versammeln sich nach einer kurzen Pause wieder im Speise-/Proberaum und stellen sich vor dem Keyboard auf. Nach den ersten paar Tönen die Roland, der Dirigent, dem Instrument entlockt, stimmen schon bald alle in den Gesang ein. Es handelt sich um das bekannte Stück „Alperose“ von Polo Hofer. Nach ein paar rhythmischen Korrekturen und Anpassungen beim Treffen der Töne kann die erste Strophe unisono gesungen werden. Anschliessend verteilen sich alle den ihren zugeteilten Proberäumen für die angesagte Registerprobe. Querflöten zu Querflöten, Trompeten zu Trompeten etc. Von überall ertönen die einen oder anderen richtigen Töne, Phrasen, gar Melodien. Hat man dies nicht selber einmal erlebt, kann man sich unmöglich vorstellen, wie hart das Musikantenleben ist. Kurz vor der Znünipause spürt man die Lippen schon so, dass man sich nicht vorstellen kann, dass es nach der Pause besser werden könnte. Trotzdem gehen alle pünktlich, wie gewohnt, zurück zu ihren Instrumenten und Registerleitern. Nun noch einen ausgiebigen Endspurt bis zur Mittagspause hinlegen. Doch was uns wirklich eine angenehme Anstrengung bereitet, ist das amüsante Herausfordern unserer Registerleiter. Wir meinen es ja nicht bös – es ist einfach jeweils schön anzusehen, dass auch sie an ihre Grenzen kommen. Das ist ja grundsätzlich nur fair. Es soll ihnen nicht besser gehen als uns.
Nach dem Mittag gibt es eine ausgelassene Siesta, laut offizieller Planung. Die körperlich unterforderten Musikanten spielen draussen Fussball. Andere decken sich mit Süssigkeiten vom Dorfladen ein und die Registerleiter müssen sich ausruhen und die folgende Probe vorbereiten. Man sieht sie im Dorfkaffee, auf den Betten ausruhen, im Proberaum gemütlich zusammensitzen oder in der Sonne spazieren.
Nach der ausgelassenen Pause und einer darauffolgenden ausserordentlich herausfordernden Registerprobe gibt es die Zvieripause. Wie man uns ja kennt, ist so viel Pause eigentlich gar nicht unser Ding. Deshalb arbeiten alle in ihren Gruppen fleissig an der Wochenaufgabe. Überall rasselt, singt, tönt und bewegt sich die Musikantenschar um die Show vorzubereiten, die sie am Freitag den andern Teilnehmern vorzeigen sollen.
Langsam trudeln unsere Gäste ein. Heute haben wir die erwachsenen Musikanten aus unseren Vereinen zu Besuch. Zuerst essen wir gemeinsam zu Abend und anschliessend gibt es die aussergewöhnliche Probe mit einem riesigen Corps aus mehr als 70 Personen. Ein unglaubliches Erlebnis. In einer so grossen Gruppe tolle Musik machen können, überwältigt alle immer wieder.
Nach dem Aufräumen, dem gemütlichen Zusammensein und dem Verabschieden unserer treuen, alljährlich wiederkehrenden Gäste ist auch der zweite Lagertag schon beinahe wieder zu Ende.(ej)